An die Stelle der Vergangenheitsbewältigung ist immer klarer die Vergangenheitsbewahrung getreten. Sie beginnt mit der Einsicht in die Unbeendbarkeit der Schuld und die Irreparabilität des Schadens, für den es keine Wiedergutmachung und Versöhnung gibt - nur die Solidarität in der Erinnerung.

2016: Gedenken an das Lager Liebenau im Stadtarchiv

Rainer Posserts Fotocollage „Triptychon – Lager Liebenau, im Keller der Kommandantur,“ die die nach wie vor unaufgearbeitete Geschichte des NS-Lagers am Grünanger zeigt, wurde im Sommer 2015 von der Stadt Graz angekauft.

Die drei Tafeln aus Pappelsperrholz zeigen Luftaufnahmen des Lagerareals und Fotografien aus dem bis heute erhaltenen Nazikeller in der Andersengasse 34, der bald unter Denkmalschutz gestellt werden wird.

Nun hat das Triptychon seinen Ausstellungsplatz gefunden – im Eingangsbereich des Stadtarchivs Graz in der Schiffgasse 4. Ein würdiger Ort, wie wir meinen, ist das Stadtarchiv doch Teil der Stadtmuseum Graz GmbH – zweite Säule des damit entstandenen „Zentrums zur Stadt und Stadtgeschichte.“ Als einer der wichtigsten Gedächtniseinrichtungen einer Gesellschaft sichert das Stadtarchiv Vergangenheit und Gegenwart für die Zukunft. Es bildet mit seiner Auswahl, was überliefert und was „vergessen“ wird, die Basis für die Erinnerungsarbeit von HistorikerInnen und engagierten BürgerInnen. Am 9. Juni, anlässlich des „Internationalen Archivtages“ fand die Vernissage mit Hausherren und Leiter Wolfram Dornik und Otto Hochreiter, Direktor des GrazMuseums statt.

„Der erweiterte Hypokratische Eid von Dr. Rainer Possert scheint zu sein,“ so Dir. Otto Hochreiter in seiner Ansprache, „dass menschliches Leben nicht nur unbedingt zu erhalten ist, sondern dass es kein Leben in der Lüge, ohne Bewusstsein der furchtbaren Nacht der Welt, der dunklen Möglichkeiten des Menschen gibt, einer Potentialität, die niemand jemals deaktivieren kann, ....

Posserts Triptychon stellt die Bildfelder von unterschiedlichen Tatortfotografien in eine dialektische Spannung. Täter und Opfer, die Agenten der Geschichte, sind aus den Bildern verschwunden. Wir können nur mehr die Topografie des Terrors aus räumlicher und zeitlicher Distanz sehen....

Das aus Stadtarchiv und GrazMuseum bestehende Zentrum für Stadt und Stadtgeschichte ist Rainer Possert sehr dankbar, dass wir hier im Archivfoyer seine ständige Mahnung beherbergen dürfen!“

                               

21. Februar 2017