An die Stelle der Vergangenheitsbewältigung ist immer klarer die Vergangenheitsbewahrung getreten. Sie beginnt mit der Einsicht in die Unbeendbarkeit der Schuld und die Irreparabilität des Schadens, für den es keine Wiedergutmachung und Versöhnung gibt - nur die Solidarität in der Erinnerung.

Einladung Gedenkveranstaltung, Di 16.5.2023,17 Uhr

Die Absicht der Nazi-Verbrecher und ihrer Nachfahren in Graz war es, alle Hinweise auf ihre Massenmorde zu verwischen und dem Vergessen anheimfallen zu lassen. Auch wenn namenlose Toten noch unter der Erde liegen, so geben die zahlreichen persönlichen Gegenstände wie Schuhwerk, Kämme Brillen, Zahnbürsten, Kinderspielzeug Zeugnis über ihr Schicksal.

Ansprachen: Stadtrat Robert Krotzer und Rainer Possert, GI

Vorträge:

  • Archäologisch- forensische Ergebnisse zu den Funden sterblicher Überreste 1991 und 2020, Lokalisation von Grabstellen am Grünanger: Pascale Brandstätter, Archäologe
  • Ergebnisse der archäologischen Grabung 2022 am Grünanger – über die Vielzahl persönlicher Gegenstände von Lagerinsassen: Sandra Schweinzer, Archäologin
  • Die Meldekarteien der NS-Zwangsarbeit in Graz: Barbara Stelzl-Marx und Martin Sauerbrey-Almasy, Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung Graz

 

Dienstag, 16.5.2023 17:00
Jugendzentrum (JUZ) am Grünanger, Theyergasse 22

Anschließend an die Vorträge (ca. 18:30) gehen wir gemeinsam zur Erinnerungstafel in den Maria Caesar-Park, um der NS-Opfer zu gedenken.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

www.gedenken-liebenau.at

www.facebook.com/LagerLiebenau

Am 4. April 1945 verließ der größte Transport Graz mit 6000 -7000 Männern und Frauen in Richtung Mauthausen. Die ersten Transporte ungarischer Juden und JüdInnen des Todesmarsches erreichten das Lager Liebenau bereits zu Ostern 1945. Typhuskranke und Marschunfähige wurden ermordet, rund 200 in der SS Kaserne Wetzelsdorf.

1947 barg man 53 Opfer am Grünanger, 1991 beim Bau des Kindergartens in der Andersengasse zwei Skelette.
Dass die Anzahl der Opfer wesentlich grösser ist, geht aus Feststellungen von Sir Douglas Young, dem Vorsitzenden im „Liebenauer Prozess“ 1947 („dort liegen noch viele unter der Erde“), und von Dr. Gerald Fuchs, Archäologe 2017 hervor: „Es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis man diese Plätze findet. Die Schätzungen schwanken zwischen einigen Dutzend und einigen Hundert - wie viele wirklich dort liegen, weiß kein Mensch.“ Diese Vermutungen wurden im Rahmen zweier archäologischer Prospektionen mit Knochenspürhunden 2022 bestätigt, 8 Grabstellen konnten aufgefunden werden, eine Öffnung der Kriegsgräber ist bis jetzt nicht erfolgt. Obwohl in der Nachkriegszeit zahlreiche sogenannte „verfüllte Bombentrichter“ und andere Verdachtsflächen, in denen sich Tote befunden haben könnten, ausgeräumt wurden, bargen die Archäologen 2020 einzelne Skelettteile, auch BewohnerInnen berichteten immer wieder von Knochenfunden nach dem Krieg.

Vom Bundesdenkmalamt vorgeschriebene archäologische Grabungen (Murkraftwerk und Wohnbauten) legten 2017 bis 2021 Barackenfundamente und Bunkeranlagen frei, die wiederum zugeschüttet wurden, da die Stadt Graz unter BM Nagl und VBM Eustacchio kein Interesse an deren Erhaltung hatte. Es wurden hunderte „Artefakte“ und persönliche Gegenstände von Opfern gefunden, die umfangreichen archäologischen Berichte dazu sind bis heute weder von der Energie Steiermark noch von der Stadt Graz veröffentlicht worden.

Im August 2022 konnten wir die Ergebnisse einer archäologischen Grabung publizieren (www.gedenken-liebenau.at) bei der u.a. hundert Schuhreste und andere persönliche Habseligkeiten von vermutlichen Mordopfern gefunden wurden. Nunmehr ist es dem Archäologen Pascale Brandstätter in unserem Auftrag zum ersten Mal in der Lagergeschichte gelungen, die 1991 und 2020 aufgefunden Skelette und Einzelknochen einer forensisch - archäologischen Untersuchung zu unterziehen. 2022 haben wir eine weitere archäologische Untersuchung in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse wir bei der Gedenkfeier präsentieren.

Die Absicht der Nazi-Verbrecher und ihrer Nachfahren in Graz war es, alle Hinweise auf ihre Massenmorde zu verwischen und dem Vergessen anheimfallen zu lassen. Auch wenn die namenlosen Toten noch unter der Erde liegen, so geben die zahlreichen persönlichen Gegenstände wie Schuhwerk, Kämme Brillen, Zahnbürsten, Kinderspielzeug Zeugnis über ihr Schicksal.

8. Mai 2023