An die Stelle der Vergangenheitsbewältigung ist immer klarer die Vergangenheitsbewahrung getreten. Sie beginnt mit der Einsicht in die Unbeendbarkeit der Schuld und die Irreparabilität des Schadens, für den es keine Wiedergutmachung und Versöhnung gibt - nur die Solidarität in der Erinnerung.

2013: depot green anger

Begleitend zu den Vorbereitungen der Gedenkveranstatung "Das Lager V und der Massenmord an ungarischen Juden" am 29. April 2013 erfolgte von Mai bis November eine künstlerische Intervention mit E.D. Gferer (Skulptur + Konzept) und Rainer Possert (Fotografie + Konzept) im Garten. Am Anfang dieses Projekts von e.d Gfrerer und Rainer Possert stand die Öffnung des Kellers der ehemaligen NS-Kommandantur in der Andersengasse 32 – 34. Die Falltür zum Kellerabgang symbolisierte gleichsam den Eingang zu all jenen Dingen, die man versucht hatte, im Verborgenen zu lassen. Mit der – auch fotografischen – Erkundung des Kellers und der künstlerischen Darstellung im „Garten für Alle“ in der Andersengasse begann die „Grabung“ nach den historischen Erinnerungsstücken. Diese war zugleich auch Offenlegung und Bekanntmachung der furchtbaren Details rund um die Lagergeschichte in Liebenau. Im Folgenden finden Sie den Text, der anlässlich dieses künstlerischen Prozesses entstanden ist:

das jetzige siedlungsgebiet deckt sich mehr oder weniger mit der fläche des LAGER V. 1947 wurde das areal von der stadt graz übernommen. das gemauerte, langgestreckte gebäude der ehemaligen lagerkommandantur bildet nach wie vor rückgratähnlich „mitte“. die geschichte der „bewohner“ ist eine geschichte der ausgrenzung – umsiedler, dann kriegsgefangene, zwangsarbeiter, dann wieder vertriebene, ihre nachkommen, am rand stehende, sozial benachteilte.die siedlung ist „SCHUTZRAUM“: hellhörigigkeit, skepsis aber auch resistenz gegenüber einflüssen von außen sind instrumente der selbstverteidigung. die offizielle verdrängung der siedlungsgeschichte wirkt bis heute ghettoisierend nach. im boden noch bunker und knochen, bietet die kunst hilfsdienste an. projekt: w h i t e t e r r i t o r y der mittlere kellerabschnitt steht seit jahrzehnten leer. die letzte nutzung war die einer fleischhauerei. die aufnahmen von rainer possert machen evident, dass eine entgiftung dieser neuralgischen, beklemmenden zone nicht nur für die hausbewohner, sondern auch für die stadtbewohner befreiend sein könnte, falls die offiziellen vertreter der stadt graz eine aktive rolle übenehmen – rituelle reinigung des untergrundes als bestandteil von erinnerungskultur plan der dekontaminierung: zeitzeugengespräche, gebäudeforschung, spurensicherung, grabung nach einem lt. bewohneraussage vorhandenen zugang zum existierenden bunkersystem, entstaubung der oberflächen, befestigung der untergründe, k a l k s c h i c h t e n Gedenk Raum l e e r s t e l l e dieser künstlerische prozess/kunst im öffentlichen raum/entlastet symbolisch den von kriegs- und verbrechensrelikten durchsetzten erdkörper. ein zeichen aus dem kern der siedlung die doppelflügel des kellertores sind leicht aufgekippt – als ausdruck ihres beteiligtseins öffnen bewohner des hauses ihre fenster – zwei fragmentarische modelle des gebäudes, festgezurrt an zwei linden – die setzung der bäume nach kriegsende, beidseitig der durch die kommandantur verlaufenden symmetrieachse, offenbart den geist des wiederaufbaus im sinne des lagers – am rand, im hüttenschatten ein beobachter 

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Radiobeitrag ORF-Steiermark

21. Februar 2017