An die Stelle der Vergangenheitsbewältigung ist immer klarer die Vergangenheitsbewahrung getreten. Sie beginnt mit der Einsicht in die Unbeendbarkeit der Schuld und die Irreparabilität des Schadens, für den es keine Wiedergutmachung und Versöhnung gibt - nur die Solidarität in der Erinnerung.

2015: Tagung: "Und wenn der Krieg vorbei ist ...?"

Im März 2015 jährte sich der Tag des „Kreuzstadlmassakers“ in Rechnitz zum 70. Mal. Zu diesem Anlass lud der Verein RE.F.U.G.I.U.S. zu einem Symposium in Oberwart und einer Gedenkveranstaltung in Rechnitz ein. Dr. Rainer Possert hielt im Zuge des Symposiums einen Vortrag zum Thema  „Der „vergessene“ Holocaust in Graz – Liebenau“.

Programm:

Samstag, 21. März 2015: 11:00 Uhr Offenes Haus Oberwart

Begrüßung:

  • Paul Gulda (Verein RE.F.U.G.I.U.S.)
  • Bürgermeister ADir. Georg Rosner

Im März 2015 jährt sich der Tag des „Kreuzstadlmassakers“ in Rechnitz zum 70. Mal. 1945 besiegten die alliierten Truppen Hitlerdeutschland und befreiten Europa von der Naziherrschaft. Der Krieg war aus. Aber was kam danach? Der Zweite Weltkrieg hat nicht nur wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen zerstört, sondern hat auch in den Menschen irreversible Spuren hinterlassen. Nach Kriegsende konzentrierte man sich voll auf den Wiederaufbau und die Beseitigung unmittelbarer Kriegsschäden. Es blieb weder Zeit noch Raum für Auseinandersetzung: Weitgehend unreflektiert blieben Erinnerungen an die Schrecken und Opfer des Krieges, Ängste um Vermisste und Kriegsgefangene, aber auch Schuld und Anteil an Kriegsverbrechen. „70 Jahre Kriegsende“ und die Folgen sind für uns Anlass, den Zusammenhang von Geschichte und Erinnerungskultur aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten: Zwei Historiker, ein Pädagoge, eine Psychologin, ein Psychiater und ein engagierter Aktivist analysieren die Folgen von Gewalt und Krieg und deren spätere Neuinterpretationen, Umdeutungen oder Tabuisierungen. Es gibt keine objektive Geschichte. Je nach Standpunkt oder Ideologie wird versucht, Plausibilitäten zu erzeugen. Erzählungen über den Krieg sind geprägt von Lücken und Unerklärtem. Es wird versucht, der Gewalt einen sinnstiftenden Rahmen zu geben. Die Rassenfantasien der Nationalsozialisten oder Slobodan Miloševićs Visionen über die mythische Bedeutung des Amselfelds im Kosovo für das großserbische Volk: Solche Erzählungen wollen eine Legitimation schaffen für Gewalt, Vertreibung und Unterdrückung. Eine lineare Erzählung von Krieg, eine Kriegsgeschichte, die Sinn und Ordnung im eigentlich Unfassbaren herstellt, ist kaum möglich. Kriegsüberlebende, die den Schrecken hautnah miterlebten, sind oft allein aufgrund ihrer Traumatisierung nicht in der Lage, nach klassischen Ordnungsschemata über das Geschehen zu berichten. Das gilt für die Opfer der Gewalt. Das gilt für die Täter. Das gilt für die Generationen danach.

  • Peter Gstettner (Klagenfurt): Vergessene Verbrechen, verschüttete Erinnerungen - 70 Jahre danach
  • Rainer Possert (Graz): Der „vergessene“ Holocaust in Graz - Liebenau 
  • Krisztián Ungváry (Budapest): Zwischen Verdrängung und Instrumentalisierung. Die Erinnerungskultur des II. Weltkrieges in Ungarn 1945-2015
  • Tomić, Đorđe (Berlin): "... und wenn der Krieg vorbei ist, kommt der Frieden?" Geschichte(-n) und Erinnerungen an die / aus den jugoslawischen Kriegen der 1990er Jahre
  • David Vyssoki, Stefan Strusievici (ESRA - Wien): „Ist es vorbei, wenn es vorbei ist?“
  • Barbara Preitler (Hemayat- Wien): Überleben ist zu wenig! Flüchtlinge in Europa 2015: Nirgendwo willkommen?
  • Moderation: Walter Reiss

Sonntag, 22. März 2015: 14:00 Uhr Gedenkstätte Kreuzstadl Rechnitz

Gedenkfeier für alle Opfer des Südostwallbaus

  • Paul Gulda (RE.F.U.G.I.U.S.)
  • Superintendent Mag. Manfred Koch (Evangelische Kirche)
  • Altbischof Paul Iby (Katholische Kirche)
  • Oberkantor Shmuel Barzilai
  • Mag. Raimund Fastenbuer (Israelitische Kultusgemeinde Wien)
  • Vilmos Siklósi (Israelitische Kultusgemeinde Zalaegerszeg)
  • Hauptrednerin: Agnes Heller
  • Agnes Heller, geboren 1929, überlebte den Holocaust in Budapest. Die Philosophin wurde nicht nur von den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus, sondern auch vom Kommunismus geprägt. Sie lehrte in Melbourne und ab 1986 in New York. Heute lebt Agnes Heller wieder in Budapest.

Erinnerungsweg: 15:00 Uhr Mahnmal Kreuzstadl Rechnitz

Jüdisches Leben in Rechnitz

  • Bürgermeister Engelbert Kenyeri
  • Landeshauptmann Stv. Mag. Franz Steindl
  • Landeshauptmann Hans Niessl
  • Ausstellungseröffnung

Jugend erforscht Vergangenheit: 16:00 Uhr Neue Mittelschule Rechnitz

  • Geschichte anhand von Lebensbildern
  • Präsentation durch Schülerinnen und Schüler der Neuen Mittelschule Rechnitz
  • Musik: Paul Gulda
  • Empfang durch die Gemeinde

 

Weitere Informationen unter:

"RE.F.U.G.I.U.S.: Rechnitzer Flüchtlings- Und GedenkInitiative Und Stiftung"

14. Februar 2017